Valentinsempfang 2023
Jahresempfang im Zeichen von Energie, Klima und Ernährung
Zwei Tage vor dem Valentinstag strömten zahlreiche Besucher zum traditionellen Jahresempfang der FWG Fraktionsgemeinschaft ins Stadthaus Ulm. Vor allem der Gastvortrag von Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. Franz Josef Radermacher über die Klimakrise und Lösungsansätze zu deren Bewältigung bewegte die Gemüter sichtlich und bot reichlich Anlass zum Nachdenken und zur Diskussion.
Ob Klimakrise, Ukraine-Krieg, Inflation, Flüchtlingsunterbringung: „Während dieser multiplen Krisen übernimmt die Stadt als Gesicht demokratischer Strukturen Verantwortung“, betonte der Fraktionsvorsitzende der FWG Ulm, Reinhold Eichhorn zu Beginn des Jahresempfangs. Trotz allen Widrigkeiten sei Ulm eine funktionierende Stadt. Die nun sogar einen eigenen Flughafen habe, wie Eichhorn schmunzelnd hinzufügte. „Von Ulmer Hauptbahnhof bis zum Stuttgarter Flughafen in 18 Minuten – da brauchen Sie von Böfingen nach Söflingen länger.“ Durch diesen und weitere Erfolge, wie die neue Koordinierungsstelle Wirtschaft und Arbeit, ergeben sich neue Strategien für Stadt.
Hierbei übe die FWG als zweitgrößte Fraktion im Ulmer Gemeinderat einen sehr großen Einfluss aus, betonte Ulms erster Bürgermeister Martin Bendel. Es mache Sinn, dass der Jahresempfang der FWG stets um den Valentinstag herum stattfinde. Der Begriff „valere“ stamme aus dem Lateinischen und bedeute übersetzt „stark sein, gesund sein, Einfluss haben“. „Danke für Ihre Bürgernähe, ihren Pragmatismus und ihre optimistische Grundeinstellung.“ All dies werde benötigt, um den demokratischen Zusammenhalt zu stärken und das Abdriften an extreme Ränder zu verhindern.
Klimakrise erfordert globales Handeln
Um Zusammenhalt – und zwar auf weltweiter Ebene – ging es auch in dem Festvortrag von Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. Franz Josef Radermacher, Professor (em.) für Datenbanken und künstliche Intelligenz an der Universität Ulm. Seine Aussage war eindeutig: „Die Klimakrise lässt sich nur auf globaler Ebene lösen.“ Als Vorstand des Forschungsinstituts für anwendungsorientierte Wissensverarbeitung (FAW/n), Vizepräsident des Ökosozialen Forums Europa sowie Mitglied des Club of Rome befasst er sich seit 30 Jahren mit dem Thema. „Einer Tonne CO2 ist es egal, wo sie auf der Welt emittiert wird.“ Selbst wenn Deutschland auf einem guten Weg sei, müsse für das Erreichen der Klimaziele global agiert werden. Allein in Afrika leben bald 1,2 Mrd. Menschen mehr als jetzt, es werde dort in einem Jahrzehnt so viel gebaut wie bei uns in einem Jahrhundert. Die Menschen der Entwicklungs- und Schwellenländer wollen der Armut entfliehen und hätten dasselbe Recht auf Wirtschaftswachstum und Wohlstand. Doch wenn sie genauso viel emittieren wie die Industrienationen, rückt das Klimaziel in weite Ferne. Was also tun?
Regenwälder spielen beim Klimawandel laut Rademacher eine Schlüsselrolle. „Durch die Abholzung des Regenwaldes werden jährlich 5 Mrd. Tonnen CO2 in die Atmosphäre abgegeben. „Das ist zweieinhalb Mal so viel, wie die ganze EU emittiert.“ Um die Regenwälder zu schützen, seien finanzielle Anreize zur Unterstützung ärmerer Länder notwendig. Beispiel: Unter den Regenwäldern Ecuadors liegen Ölvorkommen. Die dortige Regierung forderte als Entschädigung 50 Prozent des entgangenen Gewinns, den sie mit dem Ölverkauf erwirtschaften könnte, und würde dafür die Regenwälder unangetastet lassen. Entsprechende Beschlüsse wurden jedoch blockiert. Begründung aus Deutschland: Man zahle nicht dafür, dass etwas nicht gemacht werde.
Rademacher bemängelte, dass die reichen Nationen keine Bereitschaft hätten, global in die Klimakrise im Sinne der UN Sustainable Development Goals zu investieren. „Es stehen uns für die Entwicklungshilfe 150 Mrd. Euro zur Verfügung, tatsächlich wären aber 500 Mrd. Euro nötig.“
In seiner etwa einstündigen Rede ging er auch auf die Energiewende in Deutschland und die Möglichkeiten von Technologien wie Carbon Capture ein. Man dürfe sich nicht vor Technologien verschließen, die CO2 aus der Luft holen und dieses dann entweder in Öl- oder Gasfelder einlagern oder es andererseits für die Produktion synthetischer Kraftstoffe zu verwenden.
Bei dem anschließenden Stehempfang diskutierte das Publikum angeregt über Klima, Energiekrise, Bevölkerungswachstum und andere Zukunftsherausforderungen. Fazit: Die FWG hat auf Ihrem Jahresempfang wieder einmal den Nerv der Zeit getroffen. Schwungvoll musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung von Ernie’s Swing & Dixieland Band.
Diana Wieser
Artikel TOP-Magazin Ulm
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