Auftritt von Stadtrat Kuntz in Mario Barth deckt auf
Hier im Anschluss finden Sie den Presseartikel der SÜDWEST Presse vom 10.09.2020
Mario Barth entdeckt Ulm
Die teuren Flops des Verkehrsministers, idiotische Schönheits-OPs – dazwischen der Ulmer Berblinger-Turm. Bei Brachial-Comedian Mario Barth passt das. In der RTL-Show „Mario Barth deckt auf“ machte sich der „Sherlock Holmes der Steuergeldverschwendung“ wieder daran, Skandale aufzudecken – mit Gästen aus der Humorgosse wie Ingo Appelt. Das wäre dennoch irgendwie verdienstvoll, gäbe Barth mehr als Stammtischparolen von sich.
Doch hatte er ja noch eine „Perle“. Jeder kenne den schiefen Turm von Pisa, der Schwabe habe sich gedacht: „Ha noi, des brauchen wir auch!“ Dann zeigt Barth ein Filmchen über Ulm.
Süffisant erzählt er darin von einer „malerischen Stadt an der Donau“, wo es für den „findigen Schneider“ bereits eine Gedenktafel und eine Scheren-Skulptur gebe. Dann werden in aller Kürze Flugversuch und Absturz geschildert. Der Schneider sei ja doch geflogen, „zumindest aus der Stadt“. Die Ulmer plage wohl das schlechte Gewissen, daher habe ein drittes Denkmal hergemusst: der Turm. „Keine Angst“, so Barth, „der steht absichtlich schief, das ist Kunst.“
Es ist erstaunlich, wie viele Halbwahrheiten und Ignoranz man in 150 Sekunden unterbringen kann. Kein Wort, dass hinter den Kulissen in Ulm eben keine Deppen am Werk waren. Und dass der Turm sich zu einem beliebten Ort, auch für Touristen, entwickelt hat.
Auftritt des Stadtrats
Vor allem aufgrund der komplexen Statik kostet der Turm bekanntlich 750 000 statt 500 000 Euro. Bei Barth schlägt dann die Stunde des Ulmer FWG-Stadtrats Reinhard Kuntz. Der zeigt sich „verärgert“, dass man den Räten über diese Schwierigkeiten nicht vorher etwas gesagt habe. Zu Kuntz‘ Ehrenrettung sei angemerkt, dass er sich bereits in der Bauausschuss-Sitzung im Februar „stinksauer“ gezeigt und mit Nein gestimmt hatte.
Davon habe RTL erfahren, erzählte Kuntz jetzt unserer Zeitung. Ende Juli sei das TV-Team zu Dreharbeiten nach Ulm gekommen. Auch eine Erfahrung: Drei Stunden vor der Kamera für zehn Sekunden Sendezeit.
Zumindest hat Kuntz keine Sorge, nach seinem Auftritt bei Barth nun als Nestbeschmutzer zu gelten. Der Beitrag sei ja „ganz in Ordnung gewesen“.
Barth weiß auf jeden Fall, was er von der Sache zu halten hat: Drei Bernlinger-Gedenkstätten in der Stadt, „das kann man machen, muss man aber nicht. Aber 250 000 Euro verschwendete Steuergelder für das Verschnarchen einer statischen Berechnung, das erinnert auf fast elegante Weise an die historische Bruchlandung des Schneiders in der Donau. Wenn das gewollt war, ist es genial.“
Immerhin: Barth läuft im Privatfernsehen. So verschwendet wenigstens er selbst keine Steuergelder.
Magdi Aboul-Kheir
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